Comtheo * Predigten aus dem Vikariat von Susanne und Martin Jensen


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1.August 1999 - 9.Sonntag nach Trinitatis - Matthäus 7,24-27
Susanne Jensen

Liebe Gemeinde!
Ich erinnere mich an ein Bilderbuch,
„So leben wir auf dem Lande“.
Wenn man es aufschlug,
war gleich auf den ersten Seiten
ein Bauernhaus im Durchschnitt abgebildet. 
Man konnte in die Stuben hineinsehen:
in die gute Stube, die Küche, das Schlafzimmer,
die Bewirtschaftungsräume, Keller und Dachboden.
Das Haus war natürlich bewohnt.
Eine Bauernfamilie mit Kindern, Katze und Hund
lebte darin.
Ich und mein Bruder hatten ganz viel Zeit 
mit diesem Buch - mit seinen Bildern - verbracht.

Das Leben auf dem Lande, die Felder, die Ernte
die Tiere, die Jahreszeiten 
und alles was zum Landleben dazugehört,
wurde in dem Buch dargestellt.
Doch das faszinierenste Bild in dem Buch,
war dieses offene Haus, in dessen Zimmer
man hineinsehen konnte, 
und in das sich dann die kindliche Phantasie 
hineingeträumt hat.

Sobald meine Finger es konnten,
habe ich angefangen Häuser zu malen.
Die ersten Hausbilder waren 
recht einfach geraten:
Haus, Dach, Kamin, 
Rauchwolke aus dem Kamin ... Fenster, Türen ...
Zaun, Sonnenblumen, Baum ...

Von Bild zu Bild erweiterte ich mein Repetoire.
Die Fenster hatten für mich als Kind
eine große Bedeutung:
Ich habe Fenster mit Vorhängen gezeichnet und
einen Blumentopf auf den Fenstersims gestellt. -
Ein Zeichen dafür, daß in dem Haus Menschen
wohnen, die glücklich sind und die es gemütlich haben.
Ein Weg führte zu meinem Haus 
durch einen blühenden Garten.
Der Weg mußte sein, 
das Fenster mußte sein ... obligatorisch
und eine Tür war an der Vorderfront.

Ich war zwar als Kind kein Architekt,
doch ich baute mir mein Haus in meiner Phantasie.
Ich baute mit Filzern, Bundstiften, Wachsmalkreiden,
Wasserfarben und mit richtigen Steinen,
nämlich mit Lego-Steinen.
Von den Lego-Steinen konnte ich nicht genug bekommen,
die Häuser wurden immer größer und raffinierter.
Ich habe auch einen Straßenzug gebaut ...
oder einen Grundriß eines offenen Hauses.
Der Phantasie eines Kindes sind allein durch die
Anzahl der Steine Grenzen gesetzt.

Wenn ich das Wort „Haus“ höre, 
kommen mir ganz viele Assoziationen in den Sinn.
Wie Blitzlichter entstehen Häuser vor 
meinem inneren Auge:
die Häuser der Kindheit, die ich selbst gestaltet habe,
meine Blattzeichnungen und meine Lego-Häuser, -
dann die vielen Wohnungen, in denen ich gewohnt habe.

Das Wort „Haus“ ist ein warmes Wort,
eines der ersten Worte, 
das wir als Kinder lesen und schreiben lernen.  
Von unseren ersten Bezugspersonen wird uns dieses Wort
beigebracht, ja muttersprachlich ins Herz gelegt.
„Vater - Mutter - Kind - Ball - Baum - Haus“

Und nun hören wir dieses Wort „Haus“
in dem Doppelgleichnis Jesu am Ende der Bergpredigt.
„Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie,
der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf
Fels baute.
Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen
und die Winde wehten und stießen an das Haus,
fiel es doch nicht ein; 
denn es war auf Fels gegründet.
Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht,
der gleicht einem törichten Mann,
der sein Haus auf Sand baute.
Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen
und die Winde wehten und stießen an das Haus,
da fiel es ein, und sein Fall war groß.“

Das Gleichnis lebt von dem Gegensatz:
zwei Bauherren bauen jeweil ihr Haus.
Das Haus des Klugen ist auf Fels gebaut,
das Haus des Törichten ist auf Sand gebaut.
Die Konsequenzen sind logisch, so muß es sein.
Der Kluge wird belohnt,
der Törichte bestraft - ihn bestraft das Leben.

Das ist so,
weil er nicht gehört und getan hat.
Dazu ruft ja die Bergpredigt auf,
zum Handeln, 
zur konkreten christlichen Lebenspraxis.

Das Fundament für „das Haus des Lebens“,
das sich der Mensch im Laufe seines Lebens baut,
ist nach gängiger Auslegung das Wort Gottes.
Jesus legt einmalig präzise das Wort Gottes 
in der Bergpredigt aus. 
Er behandelt die 10 Gebote und gibt uns 
richtungsweisende Sätze an die Hand.

Nun könnte ich meine Predigt fortfahren,
indem ich einzelne Sätze aus der Bergpredigt
herausgreife, und daran konkret aufzeige,
wie der kluge Christ sich in konkreten Situationen
zu verhalten hat. 
Welche Leitlinien er von Jesus für sein Handeln
an die Hand bekommt.
Das Hören und Tun steht dann im Mittelpunkt,
es ist zum Fundament des Lebenshauses geworden:
Hören und Tun auf das Wort Gottes.

Mir behagt das aber nicht.
Ist das Fundament auf dem wir bauen
allein an der Praxis orientiert?
Können wir am Tun erkennen,
wer bei Gott in der Gnade ist, wer als klug gilt?
Kluger Christ, Felsenchrist!
Du wirst ermahnt,
du wirst in die Gänge gesetzt,
deine Brauchbarkeit wird getestet und
deine Produktivität gemessen.
Christen und Christinnen sind beispielhaft ...

Das ist mir zu handlungsorientiert.
Ich bleibe bei meinen Assoziationen, 
bei dem warmen Wort Haus und
stelle mir jetzt ein Fundament vor,
auf dem ein kleines, unfertiges, buntes Haus
stehen könnte. 
Nicht ein Haus eines besonders Klugen,
sondern ein Haus eines normalen Menschen, -
eines Mensch, wie du und ich, 
- dein Haus und mein Haus auf einem Fundament,
das der gnädige Gott uns bereitet.

Das Haus des Lebens wird auf Gott gebaut, oder besser 
in ein lebensspendendes Gottesverhältnis hinein.
In das Verhältnis:
Gott sucht den Menschen und 
der Mensch antwortet Gott durch seinen Glauben.
Dieses Verhältnis lebt von der gegenseitigen Zuwendung.

Der Glaube an Gott ist das Fundament, welches.
Der Glaube trägt das ganze Leben.
Der gnädige und barmherzige Gott trägt das ganze Leben.

Dies ist mir wichtig.
Wenn der Glaube in die Krise gerät,
dann bleibt trotzdem Gottes Hand offen,
dem Menschen entgegengehalten, 
wartend, liebend und voller Güte.

Wir können Glaubenskrisen rühig wagen,
wir können das Leben wagen -
kreativ, suchend, fragend -

Unsere Fragen und Zweifel 
lassen uns nicht aus der Liebe Gottes herausfallen.
Fragen und Zweifel gehören zum Leben dazu,
sie sind vorprogrammiert.
Ja, geradezu entwicklungspsychologisch notwendig.
Das Kleinkind umsorgt von seinen Eltern
glaubt und träumt anders als der junge Erwachsene.
Auf ihn stürmen all die Fragen der Zeit ein.
Im Erwachsenwerden muß er 
seinen Kinderglauben umbauen.
Aber er baut zu, er gewinnt Raum.
Er wird mündig im Glauben.

Immer wieder von neuem erleben wir Umbrüche,
müssen unser Leben organisieren -
müssen neue Identitäten finden.
Also, wir bauen ständig an unserem Haus.
Das schöne am Bauen ist die Kreativität und die Freiheit.
Jedes Haus sieht anders aus, individuell verschieden. 
Der eine baut mehr Fenster,
weil er sich gerne in seinem Haus aufhält
und es dort gerne licht und hell haben möchte.

Der andere baut eine große Tür,
damit er schnell rein und rauslaufen kann
und er so am besten seinem Freiheitsdrang
nachgehen kann.

Doch für den Boden, das Fundament, 
auf dem die Häuser stehen, 
ist erstmal grundsätzlich Gott verantwortlich.
Denn Gott ist es der uns die Welt als Lebensraum
zur Verfügung stellt.
Und Gott ist es, der uns seine Liebe in Jesus Christus
ohne Vorbedingung geschenkt hat.

So hat´s auch schon Paulus begriffen:
„Einen anderen Grund kann niemand legen,
außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“
Auf diesem Grund 
kann ich mein Haus
und kannst du dein Haus bauen.

Ein Weg führte zu meinem Haus 
durch einen blühenden Garten.
Bundschopfsalvien, Kornblumen und Rosen
erfreuten mein Herz.
Ich wandelte durch meinen Garten,
schwere Gedanken gingen mir durch den Kopf.
Leben und Glauben ist schwierig - 
Innerlich stellte ich mich vor Gott und betete:
„Ich will die Wahrheit.
Ich bin zu ihr bereit,
auch zu dieser, die mir zu schaffen macht,
wenn sie wirklich Wahrheit ist.
Gib mir Licht, daß ich erkenne,
was die Wahrheit ist.“
Der Garten war mit einem Mäuerchen umgeben.
Ich gab meinem Herzen einen Ruck
und sprang über die Mauer.

Mit dir, mein Gott, 
kann ich Mauern überspringen
und das Leben wagen.   AMEN

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