Comtheo * Neue Predigten von Martin Jensen (2002)


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Neue Predigten                              

Predigt zu Mt 5,13-16
am 21. Juli 2002 in der Michaeliskapelle in Brekendorf, Kirchengemeinde Hütten

Liebe Gemeinde, 

Wie schmeckt die Welt? 
Wie schmecken Liebe und Leidenschaft - Trauer und Enttäuschung?
Das wissen Sie, da bin ich mir sicher. 
Sie wissen, wie ihre Welt schmeckt.
Vielleicht ist sie gerade süß, vielleicht sauer, könnte mehr Salz 
vertragen oder sie ist versalzen.
Wir können unsere Welt und die Welt der Menschen neben uns 
schmecken, weil Gott uns dies zutraut. „Ihr seid das Salz der Erde." 
So ruft es Jesus vor ca. 1.970 Jahren einer großen Menschenmenge am 
See Genezareth zu. Er steht der besseren Akustik wegen auf einem 
Berg. 
Er hat anstrengende Wochen hinter sich. Predigten in Synagogen, 
Heilungen von Kranken und Auferweckungen von Toten. Die 
Menschen strömen ihm zu, lassen ihm kaum Zeit zu verschnaufen. 
Ihre Augen, Hände und Münder formen die ewig gleiche Frage: Was 
ist der Sinn meines Lebens? 
Und Jesus weicht nicht aus. Er findet Worte, die als Bergpredigt 
seitdem Menschen begeistern, ermutigen und Trost spenden. Worte 
wie: „Ihr seid das Salz der Erde."
Jesus sagt uns auf den Kopf zu, dass wir das Salz der Erde sind und 
zwar als Menschen, die ihm zugewandt sind, die Gott hören wollen. 
Wir sind das Salz der Erde. Wir können der Erde als Salz Geschmack 
geben, weil wir wissen, wie fad bzw. abgeschmackt unsere Welt oft 
ist. 
Mit unserem Fühlen und Handeln geben wir jeden Tag Salzkörner 
weiter, ob nun bewusst oder unbewusst:
Die Nachbarin, deren Mann gestorben ist, wird in die Arme 
geschlossen. Die Tränen des Kindes, das sich das Knie aufgeschlagen 
hat, werden getrocknet. Die Mutter freut sich, wenn sie von den 
Kindern und Enkeln besucht wird und sich das Zimmer im Altenheim 
mit Lachen füllt. Unsere Salzkörner werden zum Händedruck, 
Streicheln, Hinsehen und Vertrauen schenken.
Dabei können wir nicht einfach im luftleeren Raum salzen, sozusagen 
„Salz nach Belieben". Denn zum Versalzen ist es oft nur ein kleiner 
Schritt, wie es Herr Melcher im Buch „Ferien aus Saltkrokan" von 
Astrid Lindgren vorführt. Ich hab ihnen mein altes Buchexemplar mit 
gebracht, in dem ich als Kind oft gelesen habe. (Buch hochhalten)
Das Buch beschreibt die Sommerurlaube einer Stockholmer Familie 
auf der Schäreninsel Saltkrokan. Der Witwer Herr Melcher, seines 
Zeichens Schriftsteller, macht dort mit seiner erwachsenen Tochter 
und seinen drei Söhnen regelmäßig Urlaub. Eines Tages haben Pelle, 
der jüngste Sohn, und sein Vater Barsche gefangen. Herr Melcher 
probiert gutgelaunt ein Barschrezept aus, das er beinahe singt 
(S. 106):
?	„Barschtopf auf Melcher Art: fünf prima Fische – und dann 
Butter – reichlich Butter. Und Petersilie – und Dill – ordentlich 
viel Dill – und dazu noch ein Löffelchen Mehl – und ganz wenig 
Wasser – gewöhnliches Wasser – und Salz nach Belieben  - nach 
Belieben – nach Belie-ie-ie-ben – nach Belieben." 
	Und dann kommen seine Kinder und das Essen kann beginnen: (S. 
110)
?	„Der Reihe nach füllte er seinen Kindern Barsch nach Melcher 
Art auf und gestattete nicht, dass einer anfing, bevor nicht jeder 
einzelne seine Portion bekommen hatte. Als er sich auf seinen 
Teller gefüllt hatte, schmunzelte er und schaute hungrig auf den 
weißen Fisch, der zwischen Dill und Petersilie in seiner 
Buttersoße schwamm. Er schmunzelte noch, als er den ersten 
Bissen zum Munde führte, aber gleich darauf stieß er ein kleines, 
hilfloses Gurgeln aus. 
?	Malin und die Jungen hatten ebenfalls gekostet, und saßen wie 
gelähmt. „Wieviel Salz hast du drangetan?" fragte Malin und 
ließ die Gabel sinken. Melcher warf ihr einen Blick zu und 
seufzte: „Nach Belieben."
In diesem Moment hat mir Melcher immer unendlich Leid getan. 
Trotzdem wird er von seinen Kindern getröstet. 
So nah liegen die Freude über das Kochen und das Versalzen 
nebeneinander. Es gab eben doch eine ungeschriebene Regel, wieviel 
Salz dem Barschrezept hier gutgetan hätte. 
Auch uns hat Gott in den Zehn Geboten und im Leben Jesu 
Richtlinien gegeben, wie heftig wir „Salz der Erde" sein können. 
Der Mensch neben uns darf nicht zu Schaden kommen. Denn gerade 
die Unversehrtheit und Heiligkeit des Menschen neben uns fordert uns 
dazu heraus, Salz der Erde zu sein.

Ich denke gerade an die 14. Welt-Aids-Konferenz in diesem Jahr in 
Barcelona. Besonders in Afrika sterben jährlich mehr als 2 Mio. 
Menschen, Frauen, Männer und Kinder, an Aids, weil sie keine 
erschwinglichen Medikamente zur Linderung der Krankheit 
bekommen. Es gibt dort keine Krankenkassen, die die Kosten für die 
treuen Medikamente übernehmen könnten. Nun ist es einer 
Pharmazeutin aus Thailand gelungen, ein Kombinationspräparat aus 
den drei benötigten Wirkstoffen herzustellen, das nur ein Zwanzigstel 
des in den westlichen Gesundheitssystemen verlangten Preises kostet. 
Eine Sensation. In Thailand darf diese Aids-Mittel verkauft werden; 
doch nicht in den Ländern, in denen seine Wirkstoffe durch 
Patentrechte von drei großen westlichen Pharmakonzernen geschützt 
werden: einem britischen Konzern, einer amerikanischen Firma, sowie 
dem deutschen Hersteller Boehringer Ingelheim. 
Deren Weigerung, ihre patentierten Wirkstoffe für das Aids-Mittel 
billiger und trotzdem noch kostendeckend abzugeben, betrifft 
immerhin gut 2/3 der armen Länder Afrikas und Asiens, in denen Aids 
wie eine Seuche grassiert. Der Profit scheint ihnen wichtiger als das 
Leben Tausender, ja von Millionen. Schreit diese Situation nicht 
geradezu nach dem Salz der Welt? 

Und wenn nun jemand sagt: „Das geht euch nichts an, hier wird nicht 
gesalzen, keep out, zieht Leine." Uns also jemand abwiegeln will, weil 
wir nicht zuständig, nicht betroffen oder nicht kompetent sind? 
Dann sollten wir fragen, wie wir denn sonst vor dem Angesicht Gottes 
für unsere Mitmenschen Salz der Erde sein können.

Schließlich hat Gott uns als Salz der Erde ein feines Gespür für 
stumme Schreie, lautlose Gebete und unbeachteten Tod gegeben. 
„Someone´s crying, lord, kumbaja. Someone´s praying, Lord, 
kumbaya."  Jemand schreit, Gott, komm zu mir.  Jemand betet, Gott, 
komm zu mir." So lauten zwei Strophen des im Gesangbuch 
abgedruckten Spiritual „Kumbaja my Lord". 
„Komm zu mir", ein Ruf, der nicht nur Gott meint, sondern auch uns, 
die wir berufen sind, Salz der Erde zu sein. Wir sind das Salz, mit dem 
Gott dem Leben auf der Erde Geschmack und Würze geben will. Wir 
haben jeder einzigartige Gaben, um Salzkörner weiterzugeben in die 
Welt, in der wir uns auskennen. Der eine nimmt gut in den Arm, der 
andere wischt die Tränen ab, der nächste hat ein ansteckendes Lachen, 
einer kann Widerstand organisieren, ein anderer Menschen zum Geld 
geben überzeugen und dann gibt es auch Menschen, die mit allen 
gemeinsam beten und träumen können.
Und es kommt wirklich auf uns an. Jesus sagt: „ Ihr seid das Salz der 
Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen?" 
Anders gesagt: Wenn ihr nicht mehr salzt, wer macht es dann? Euer 
Salzen ist unbedingt notwendig, sonst bleibt die Erde fad und 
abgeschmackt. 
So lasst uns immer wieder aufs Neue unser Salz auffrischen und 
gemeinsam Orte und Menschen bewusst wahrnehmen, wo wir Salz der 
Erde sein können. 
Dann, glaube ich, lacht und singt auch Gott, genauso wie der Herr 
Melcher:  Gott freut sich, weil er in uns eine ungeheure Entdeckung 
macht:  Ihr seid das Salz der Erde!
 
AMEN

Ideen und Mails an: martin@comtheo.de